Uncle sam pointing detail, "No room for rumors"

Wahr oder nur gut erfunden? Die Gerüchteküche brodelt…

Gerüchte sind ein Phänomen, so alt wie die Sprache. Sind sie nun wahr oder falsch? Enthalten sie wertvolle Informationen oder nur Lug und Trug? Interessant ist das Gerücht allemal. Es könnte zumindest wahr sein. Wir erzählen es jedenfalls gerne so, als wäre es wahr. Für die erfolgreiche Verbreitung eines Gerüchtes ist sein Wahrheitsgehalt vollkommen irrelevant. Es ist ja gerade diese prickelnde Spannung der Ungewissheit, die seine Chancen erhöht, gehört und weitergetragen zu werden.

Die im Gerücht enthaltene Information muss nicht zwangsläufig falsch sein. Und falls doch – können wir das wirklich wissen? Wollen wir es tatsächlich wissen? Kann man es denn jemandem verübeln, dass er eine Geschichte weiter erzählt, weil er sie für glaubhaft hält? Zum Beispiel, weil er den Erzähler für glaubwürdig hält. Der vielleicht wiederum nur einem Freund vertraut, der jemanden kennt, der das angeblich erlebt hat.

Vier Zeugen – vier Geschichten

Was ist schließlich glaubwürdiger als ein Augenzeuge? Nehmen Sie einen Unfall im Straßenverkehr: Vier Zeugen erzählen - mindestens - vier verschiedene Geschichten. Zeugen geben für gewöhnlich „falsche“ Wahrnehmungen mit der gleichen Sicherheit und Aufrichtigkeit wieder wie „richtige“. Aber ist diese Wirklichkeit etwa deswegen „falsch“, nur weil sie subjektiv eingefärbt ist?

Fakten, Fakten, Fakten…

Sind die Massenmedien glaubwürdiger als ein Freund und Augenzeuge? Online-Medien und TV-Sender transportieren dank raffiniert inszenierter Pseudo-Berichterstattungen und von Anfang bis Ende gefakter Doku-Soaps längst weitaus wildere Gerüchte als das wirkliche Leben. Doch auch diese Formate enthalten meistens einen wahren Kern. Und der genügt vollauf, um ein Gerücht am Leben zu erhalten. Nicht beim Wetterbericht. Da erwarten wir solide Information. Fakten. Von den Massenmedien nicht mehr. Und das nicht erst seit den von offizieller Seite gestreuten Fake News und den so genannten „alternativen Fakten“.

Im Grunde war bereits die Naivität, mit der damals der STERN den absurden und haltlosen Gerüchten um die Hitler-Tage-Bücher aufsaß, Grund genug, an der Seriosität der Berichterstattung in der etablierten Presse zu zweifeln. Von den berühmt-berüchtigten Gerüchte-Schleudern unter den Medien-Giganten ganz zu schweigen.

Nicht wahr, aber gut erfunden

Ist das Gerücht weniger Wert, als all die anderen Informationen, die wir aus den Nachrichten beziehen? Basieren nicht letztlich die allermeisten Nachrichten auf Gerüchten? Die Wahlversprechen der Regierungsparteien zum Beispiel. Gerüchte, die gezielt unters Volk gestreut werden. Um nur wenige Wochen nach dem Urnengang in Vergessenheit zu geraten.

Ist nicht vielmehr die Nachrichtenpolitik der Regierung selbst ein fruchtbarer Nährboden für gar nicht mal so abwegige Gerüchte? Werden wir denn ausreichend informiert? So dass gar nicht erst der Boden entsteht, auf dem Gerüchte gedeihen, weil bei den Menschen das Bedürfnis wächst, die Informations-Lücken durch Spekulationen zu füllen. Und weil wir Fakten ohnehin immer mehr bezweifeln.

Apropos Fakten

Das Gerücht über die Alligatoren, die angeblich in der Kanalisation von New York leben, kursiert in den Medien seit etwa 1843 – bis heute. Also muss doch etwas dran sein. Oder? Werden Informationen glaubwürdiger, wenn sie gebetsmühlenartig wiederholt werden? Auch in der Oberpfalz wird beinahe jedes Jahr ein Krokodil gejagt. Meistens im Sommerloch. Ob je eines gefunden wurde? Wer will das wissen? Kostbar ist das Gerücht nur, solange es wahr sein könnte. Und solange es nur wenige kennen. Das erklärt die Geschwindigkeit mit der es kursiert, wenn es frisch aufkommt. Es hat eine Halbwertszeit, ein Verfallsdatum. Die Quelle ist nicht so wichtig, aber nützlich, wenn sie die Botschaft aufwertet. Recht behält schließlich der, der viele überzeugen kann. Der, dessen Wahrheit Gefallen findet.

Wahrheit in Zeiten von Photoshop

Bilder transportieren wie kaum ein anderes Medium Gerüchte und sind so herrlich frei interpretierbar. Stars altern nicht. Zumindest nicht auf Titelblättern. Gerüchte werden von ihren PR-Agenturen gut dosiert gestreut, brillantes Bildmaterial dazu geliefert. Und tun sie das nicht freiwillig, gibt ihnen die Yellow Press den Rest. Mit aussagekräftigen "Beweis-Fotos" selbstverständlich: Ist Letizia von Spanien magersüchtig? Die Ehe von Albert und Charlene eine Farce?

Überschwemmungen – schon immer ein beliebtes Motiv

Elend und Katastrophen – Überschwemmungen zum Beispiel sind immer wieder ein beliebtes Motiv. Sie waren schon im alten Ägypten eine willkommene Bühne für den großen Auftritt der Pharaonen. Und für zahlreiche, bewusst lancierte Gerüchte, die Geschichte schrieben. Auch heute treten bei solchen Anlässen regelmäßig prominente Gummistiefel-Politiker pharaonengleich auf den Plan und setzen sich medial wirkungsvoll in Szene. Sie versprechen vollmundig schnelle Hilfe und vor allem, dass so etwas nicht mehr passieren wird. Solche Verheissungen erweisen sich bedauerlicherweise allzu oft als haltlose Gerüchte, die aber vor allem in Wahljahren immer wieder gerne aufgewärmt werden.

Gerüchte gegen die Tristesse des Alltags

Kann man der Gerüchteküche den Garaus machen? Man müsste schon der Langeweile ein Ende setzen, denn die gleichförmige Monotonie des Alltags erfüllt uns mit Sehnsucht nach Sensationen. Schon ein kleines Schwätzchen über den Gartenzaun kann unserer darbenden Fantasie wieder neues Leben einhauchen. Schließlich erwarten wir dort keine „offiziellen“ Verlautbarungen. Der Plausch unter Nachbarn ist sozusagen ein „Schwarzmarkt der Information“. Weitergetragen unter vorgehaltener Hand. Und wertvoll wird die Information ja gerade dadurch, dass sie nicht offiziell daher kommt, sondern aus gut, wenn nicht sogar besser informierten Quellen stammt.

Kann man ein Gerücht entschärfen?

Nein.

Die tickende Zeitbombe schwelt, sorgt für Aufruhr, explodiert oder verpufft einfach sang- und klanglos. Dementis sind Schall und Rauch, weil zu sachlich und vor allem - offiziell. Mit anderen Worten: langweilig und schlecht verpackt. Im Alltag nicht transportfähig. Ja, es besteht sogar das Risiko, dass Unschuldsbezeigungen das Gerücht nur weiter schüren. Das ist zum Beispiel bei Politikern sehr häufig der Fall.