Schlecker, Quelle, Neckermann – Flaggschiffe der deutschen Wirtschaft und ihr Niedergang
Immer wieder geraten traditionsreiche deutsche Unternehmen schwer ins Trudeln oder haben bereits die Segel gestrichen. Hier drei Beispiele und ihre Geschichte.
Neckermann – Ikone der Nachkriegsgeneration
Neben Quelle und Otto zählte Neckermann zu den größten deutschen Versandhäusern. Gegründet wurde das Handelshaus 1950 von Josef Neckermann.
Der Versandkatalog war schon bald ein vertrauter Zeitgenosse in deutschen Wohnzimmern, der eingängige Slogan „Neckermann macht's möglich!" jedem Kind ein Begriff. Die Geschäfte liefen glänzend. Der Nachholbedarf an Konsumgütern in den 50er Jahren war riesig und die Nachfrage schon aufgrund der niedrigen Preise immens. Doch der gnadenlose Preiskampf gegen die Konkurrenz blieb nicht ohne Folgen. Die Devise „großer Umsatz, kleiner Gewinn" brachte Neckermann in den 70ern ins Trudeln. Karstadt stieg als Großaktionär ein, das Versandhaus schien zunächst gerettet. Das Sanierungskonzept: Massenentlassungen.
Der Abstieg vollzog sich schleichend. Die erfolgreiche Expansion in den Osten nach der Wende täuschte nur kurz darüber hinweg, dass dringend notwendige strukturelle Veränderungen verschlafen worden waren. Karstadt fusionierte 1999 mit Quelle, Neckermanns einstigem Erzkonkurrenten, zur KarstadtQuelle AG, der späteren Arcandor AG. Der Einbruch der Umsätze beim Versandhandel war dennoch nicht aufzuhalten. Arcandor beschloss, sich von Neckermann zu trennen und verjubelte seine Anteile nach und nach an Sun Capital Partners, einem amerikanische Investor, der sich auf die Übernahme angeschlagener Firmen spezialisiert hatte. Er erklärte Neckermann 2010 wieder für wettbewerbsfähig. Nur zwei Jahre später gibt Sun Capital auf. Am 18. Juli 2012 meldet Neckermann Insolvenz an.
Meine Quelle – Pleiten, Pech und Pannen
Selten hat der Niedergang eines deutschen Traditionsunternehmens für so viel Bestürzung gesorgt: Quelle - einst florierendes Handelshaus an der Nürnberg-Fürther Stadtgrenze, ein Stück deutsches Wirtschaftswunder und das Konsum-Mekka der Nachkriegszeit - ist Geschichte. Die Quelle-Pleite war hausgemacht: Eklatante Management-Fehler führten zum jähen Absturz des weltweit bekannten und beliebten Versandhändlers. Die ehemalige Familienministerin Renate Schmidt, eine Nürnbergerin, war selbst lange bei Quelle tätig. Sie sagt: „Wenn man Traditionsunternehmen wie Karstadt oder Quelle umtauft in Arcandor und Primondo, muss man schlicht und ergreifend eine Meise haben."
Die Umbenennung machte aus einer gut eingeführten Marke mit hoher Reputation über Nacht einen No Name. Unfähige Manager gaben sich die Klinke in die Hand. Für einen goldenen Handschlag, versteht sich. Sie wechselten so oft, dass die Stadt Fürth zwei Standardanschreiben gespeichert hatte: Eines zur Begrüßung und eines zum Abschied. Schließlich versetzte der Vorstandsvorsitzende des Quelle-Mutterkonzerns Arcandor, Thomas Middelhoff, dem Unternehmen den Todesstoß. Indem er das Tafelsilber skrupellos verscherbelte. Bayerns damaliger Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) brachte es auf den Punkt: "Der Insolvenzverwalter sagt uns, er habe noch nie ein Unternehmen erlebt, das finanziell so systematisch leer geräumt war wie Quelle."
Zynisch und skrupellos: Das System Schlecker
Die Biografie des Anton Schlecker hatte das Zeug zu einer echten Erfolgsgeschichte: Der gelernte Metzger erfand den Drogerie-Discounter. Seine Geschäftsidee machte ihn zum Milliardär. Doch der Erfolg seines Unternehmens beruhte offenbar darauf, Geschäftspartner und Mitarbeiter auszuquetschen wie reife Zitronen. Systematisch presst der Konzern seinen Lieferanten „nachträgliche Konditionen" ab. Werbekostenzuschüsse beispielsweise. Oder Zahlungen für die Platzierung von Waren in den Verkaufsregalen. Und das in weitaus höherem Maße als die Konkurrenz. Perfide perfektionierte der Patriarch auch höchst fragwürdige Methoden der Personalführung wie Abmahnungen aus nichtigen Anlässen oder so genannte „Ehrlichkeitskontrollen". Schikanen und Demütigungen waren an der Tagesordnung. Die überwiegend weiblichen Mitarbeiter wagten nur selten den Schritt vors Arbeitsgericht. Aus Angst um die bloße Existenz. Der Anfang vom Ende der Karriere eines zynischen Despoten: Im Juli 2012 durchsuchten Ermittler bundesweit Geschäftsräume und Privatwohnungen. Der Verdacht: Untreue, Insolvenzverschleppung und Bankrott. Kurz darauf startete der Ausverkauf der insolventen Filialen.