Nürnberg und der schöne Brunnen: Drehen am Ringlein bringt Kindersegen
Die Pest hatte grausam in Nürnberg gewütet. Viele Menschen waren dem Schwarzen Tod zum Opfer gefallen und es gab fast keine Kinder mehr. Die Stadt drohte auszusterben und die Ratsherren waren voll der Sorge darüber, wer in Zukunft ihr Säckel füllen sollte.
Da meldete sich ein Schreiber und wies darauf hin, dass fast alle Gewässer der Stadt verunreinigt seien. Er schlug vor, einen Brunnen zu bauen, der nur das reinste Wasser führt. Dann würde auch Meister Adebar bald wieder kommen und viele gesunde Kinderlein bringen.
Die Ratsherren machten sich zwar lustig über das kleine Schreiberlein, den Brunnen bauten sie aber dennoch. Er bekam sogar eine eigene Wasserleitung, gespeist aus zwei Quellen im Nürnberger Stadtteil Gleishammer.
Der Lehrling und die Tochter des Meisters
1587 errichtete Meister Paulus Kuhn das schmiedeeiserne Gitter um den Schönen Brunnen herum. Dessen Lehrling hatte sich in Margret, die hübsche Tochter des Meisters verguckt. Der Meister war davon gar nicht angetan, weil er sich ein bessere Partie für seine Tochter erhoffte. Er warf den armseligen Habenichts hinaus und rief ihm nach:
"Daraus wird ein für allem nichts! So wenig wird etwas daraus, wie du es fertig bringst, dass die Ringe am Brunnengitter sich drehen können!"
Das wollte der Lehrling nicht auf sich sitzen lassen. Er schmiedete heimlich einen Ring und sägte ihn so zu, dass er sich ins Gitter einfügen ließ. Dann hämmerte und lötete er so lange daran herum, bis die Schnittstelle nicht mehr zu sehen war. Als der Meister den Ring sah, der sich wie von Zauberhand drehen ließ, biss er sich fast in den Hintern, weil er so einen guten Handwerker hatte ziehen lassen. Er hätte ihn gerne wieder eingestellt, doch der Lehrling war längst über alle Berge und hatte gewiss längst irgendwo anders sein Glück gefunden. Margret dagegen war untröstlich und machte ihrem alten Herrn die Hölle heiß.
Storch Adebar bringt reichen Segen
Noch heute kann man am Schönen Brunnen in Nürnberg viel Spaß mit dem Ringlein haben. Das fängt meistens schon damit an, dass sich die Touristen fast immer vom Gold blenden lassen und am falschen Ring drehen. Meist genügt ein kurzer, freundlicher Hinweis. Dann können Sie den auswärtigen Gästen noch eine Weile dabei zusehen, wie sie den richtigen Ring suchen. Wenn sie ihn endlich gefunden haben, wird gedreht und gedreht und dann lohnt es sich immer, einmal nachzufragen:
“Wissen Sie denn eigentlich, was Sie sich gerade gewünscht haben?”
Große Augen mit Fragezeichen...
Dabei sitzt er direkt über dem Ring, der Meister Adebar, und trägt ein kleines Kind im Schnabel. Spätestens dann dämmert es den meisten so langsam.
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