Advent, Advent ... - Geschichte und Geschichten zur stillen Zeit
Advent – das ist bedauerlicherweise für viele Menschen heute gleichbedeutend mit Stress: Geschenke horten. Die Wohnung mit Krippe, Tannengrün und Lichtern schmücken. Plätzchen backen und den Festtagsbraten vorbereiten. Die hektischen Aktivitäten, aber besonders der vorweihnachtliche Konsumrausch stehen so ganz und gar im Widerspruch zu den ursprünglichen Traditionen. Die vier Wochen vor dem großen Fest waren noch vor wenigen Jahrzehnten vor allem eine Zeit der Ruhe und Besinnung nach einem arbeitsreichen Jahr.
Viertausend Jahre, so lehrt es die Kirchengeschichte, musste die Menschheit nach dem Sündenfall im Paradies auf ihren Erlöser warten. Für jedes Jahrtausend steht ein Sonntag im Advent als Symbol für Licht und Hoffnung nach einer langen Zeit der Dunkelheit. Der Adventskranz nimmt diese Symbolik auf: Vier Kerzen und vier Schleifen schmücken den Kranz. Der Brauch ist vergleichsweise jung und ein evangelischer Beitrag zur Adventszeit:
Advent, Advent, ein Lichtlein brennt ...
Das Brauchtum rund um den Adventskranz geht auf den Hamburger Theologen Johann Hinrich Wichern zurück. Er nahm arme Kinder bei sich auf und sorgte für sie. Und wie Kinder eben sind, fragten sie ihn immer wieder, wann denn nun endlich Weihnachten sei. Also baute er 1839 aus einem alten Wagenrad einen Kalender – den allerersten Adventskalender: Er war mit einer roten Kerze für jeden Werktag und vier weißen Kerzen für die Sonntage verziert. Beginnend mit dem ersten Advent wurde an jedem Tag ein weiteres Licht entzündet. So zählte der Adventskalender die Tage bis zum bevorstehenden Fest herunter und versüßte den Kindern die Vorfreude.
Heidnisches und christliches Brauchtum eng verwoben
Erst 1925 bekam ein Adventskranz aus Tannenzweigen und mit nur noch vier Kerzen auch in den katholischen Kirchen seinen festen Platz. Der Brauch fügte sich wunderbar in die althergebrachten Traditionen ein: Immergrünes wie Wacholder, Mistel und Tannenzweige waren von jeher Symbole der Lebenskraft, die selbst der Winter nicht brechen konnte. Sie wurden im Haus aufbewahrt, um Schaden abzuwenden. Die Kerzen brachten Licht in die dunkelste Zeit des Jahres. In der christlichen Mythologie kündigen sie die Geburt des „Lichtgeborenen“ an. Im heidnischen Ritual die bevorstehende Wintersonnwende. Die Farbe Rot steht für das Blut, das Christus für die Menschen vergossen hat, und damit für Leben. Die grünen Zweige für die Hoffnung.
Am Barbaratag treibt das Glück Blüten
Die Tage werden dunkler und dunkler. Das Leben in der Natur kam unter einer dichten Schneedecke zum Stillstand. Gleichzeitig trieb die Hoffnung auf ein gutes neues Jahr schon wieder neue Blüten: Der 4. Dezember war im heidnischen Bauernjahr ein wichtiger Lostag. Von den Katholiken wurde er dann der hl. Barbara umgewidmet. Sie war eine der 14 Nothelfer, zu denen man in allerhöchster Not betete. Am Barbara-Tag schnitt man Zweige von Apfel-, Kirsch-, Haselnuss- oder Kastanienbaum und stellte sie in einer Vase auf. Wenn diese Barbarazweige um die Weihnachtszeit kräftige Blüten trieben, war einem das Glück gewiss.
Nikolaus - gute Gaben und neue Lebenskraft
Der Legende nach erweckte Nikolaus ermordete Kinder wieder zum Leben. Er befreite zudem Jungfrauen aus den Fängen eines Kupplers, indem er ihnen Gold für ihre Aussteuer schenkte. Auch heute noch beglückt der Nikolaus die Kinder mit guten Gaben. Er besucht sie am 6. Dezember. Wenn er nicht höchstpersönlich vorbei kommen kann, stellen ihm die Kinder am Vorabend einen Stiefel vor die Tür. Der ist am nächsten Morgen mit Süßigkeiten, Nüssen und Obst gefüllt. Das ist der eigentliche Ursprung der Weihnachtsbescherung. Dass er Missetaten mit seiner Rute bestraft haben soll, ist wohl eher ein Missverständnis. Es war, genau wie die Zweige der Barbara, eine „Lebensrute“, also ein grüner Zweig, mit dem er sanft über die Kinder strich. Dieses Ritual sollte um das Böse von ihnen abzustreifen und die Kraft des jungen Pflanzentriebs auf sie übertragen.
Auch der düstere Geselle des Nikolaus, Knecht Rupprecht oder Krampus, ist ein Überbleibsel aus heidnischer Zeit: Er steht für die Dunkelheit und die Härte des Winters, doch sein Herr, der heilige St. Nikolaus, hält ihn im Schach.
Lucia - die zwei Gesichter der Lichtbraut
Auch der Lucientag ist ein bedeutender Lostag aus heidnischer Zeit: Am 13. Dezember regen sich die Geister. Wir sollten sie nach alter Überlieferung mit reichlich Speis und Trank besänftigen, um sie zu bannen – so wie einst Lucia. Wieder treffen sich heidnisches und christliches Brauchtum: Nach der Legende brachte die Heilige den verfolgten Christen Essen und Trinken in die Katakomben von Syrakus. Dort war es finster. Lucia hatte die Hände nicht frei, weil sie die Speisen trug. Deswegen leuchtete sie den Weg mit einem Lichterkranz im Haar aus.
An einigen Orten in der Oberpfalz wird die heilige Lucia heute noch am Lucientag durchs Dorf geführt – als Lichtbraut mit einer Lichterkrone auf dem Haupt oder als alte, buckelige Hexe. Denn die heidnische Lichterkönigin verkörpert unsere Frau Holle, die alte Perchta. Frau Holle ist ein wandelbarer Geist mit zwei Gesichtern: Sie steht für das Gute, aber auch für das Böse und gleichzeitig für das alte heidnische Brauchtum genau wie für das jüngere christliche.