Keltisches Jahresrad

Lichtmess – Frühlingsboten aus heidnischer Zeit

Die Tradition des Lichtmess-Tages ist tief im heidnischen Brauchtum verwurzelt. Die ursprünglichen Sitten und Gebräuche sind heute noch weit verbreitet, vor allem in den Regionen, die einst stark von der keltischen Kultur geprägt waren. Zum Beispiel in Süddeutschland.

Noch liegt die Natur im Winterschlaf, doch die Sonne geht schon früher auf - jeden neuen Tag ein ganz klein wenig. Sie ragt bereits über machen Berggipfel, der vorher im Schatten lag. Noch sind die Nächte dunkel, doch die Tage ringen ihnen mit jedem neuen Morgen mehr Licht ab. Sie werden spürbar länger...

Brigid und der göttliche Bär

Das neue Licht verdanken wir der Legende nach der keltischen Göttin Brigid. Sie löst die dunkle Göttin ab, die den Winter beherrscht. Mit ihr steigen die Elementarwesen und Fruchtbarkeitsgeister aus der Erde auf, allen voran der Bär.

Meister Petz ist noch tapsig, müde und schlaftrunken. An Lichtmess streckt er zum ersten Mal vorsichtig seine Nase aus der Höhle: Er schnuppert, wie weit der Frühling schon gediehen ist. In der keltischen Mythologie ist er der wiedergeborene Sonnengott. Die dunkle Göttin und alle anderen Wesen dieser zauberhaften Welt begegnen uns in der Symbolik der alten Märchen. Sie bewahren das überlieferte Kulturgut bis in die heutige Zeit: Die dunkle Göttin ist niemand anderes als unsere Frau Holle, die germanische Perchta. Sie ist die Erdmutter, die dem Bären im Winter Unterschlupf gewährt.

An Lichtmess fängt der Bauersmann neu mit des Jahres Arbeit an

Das keltische Sonnenjahr ist eng mit den bäuerlichen Traditionen verwoben. Das Jahr der Bauern endet am 29. September, dem Michaelitag. Die Arbeit ist getan. Das Licht schwindet. Die stille Zeit beginnt. Erst mit Lichtmess fängt es von neuem an. Das so genannte Bauern-Neujahr war bis vor 100 Jahren sogar ein offizieller Feiertag. Besonders die Dienstboten feierten den Schlenkertag: Sie erhielten an Lichtmess ihren Lohn. Es war zudem der einzige Tag, an dem sie ihren Dienstherrn wechseln (= schlenkern) konnten.

Im astronomischen Jahreslauf liegt Lichtmess genau zwischen Wintersonnwende (21.12.) und Frühjahrs-Tagundnachtgleiche (21.03.). Wer mit wachen Augen durch die Natur geht, kann Brigid jetzt schon auf einem Hirsch durch die Wälder reiten sehen. Sie erweckt die Samen aus dem Winterschlaf und rüttelte die Bäume wach, so dass ihre Säfte wieder zu schießen beginnen. Brigid ist auch die Hüterin des Feuers und entfacht mit der Macht des Ostens und des neuen Morgens das Feuer der Sonne nach der Winterruhe. Ihre feurigen Pfeile sind die von uns so ungeduldig ersehnten ersten warmen Sonnenstrahlen. Sie berühren etwas tief in uns und sorgen für Frühlings-Gefühle.

Lichtmess - Rituale der Kelten

Die Kelten feierten immer dann ein großes Fest, wenn sich das Sonnenrad weiterdrehte. Zum Beginn jeder neuen Jahreszeit. Auf den 1. Februar fiel die Feier zu Ehren der hellen Göttin Imbolc. Das bedeutet in etwa „Anlegen der Schafe zum Säugen“ und war ein Reinigungsritual, aber auch ein Fruchtbarkeitsfest: Zur gleichen Zeit begannen die Mutterschafe zum ersten Mal wieder Milch zu geben. Bald darauf wurden die ersten Lämmer geboren. Die Kelten begrüßten das Licht mit Freudenfeuern und befragten das Orakel. Dieses Brauchtum hat sich in vielen Regionen bis heute erhalten: Alle Lampen des Hauses werden für kurze Zeit entzündet. Zu den Ritualen gehören auch die Lichtmess-Feuer, bei denen das junge Licht neu entfacht wird, die Lichtweihe, das Orakeln und der Verzehr traditioneller Lebensmittel wie Butter, Milch und Mehlfladen.

Bär und Bienen bringen die Fruchtbarkeit

Lichtmess ist einer der so genannten Lostage. Anhand bestimmter Erscheinungen konnte man nach alter Auffassung an diesen fixe Zeitpunkten das Wetter der kommenden Monate vorhersagen. Solche Prognosen waren beispielsweise für den Zeitpunkt der Aussaat oder Ernte wichtig. Für das Auskommen der Bauern manchmal überlebenswichtig. Wenn man wissen wollte, wie lange der Winter noch dauern wird, befragte man den Bären: Bis zur Frühjahrs-Tagundnachtgleiche gehen noch sechs Wochen oder vierzig Tage ins Land. Erst dann hat Meister Petz seinen Winterschlaf ganz abgeschüttelt und der Bann des Winters ist endgültig gebrochen. Selbst wenn es an Lichtmess mild und sonnig ist, muss er also noch einmal vierzig Tage in seiner Höhle zubringen. Daher der Spruch: „Sieht der Bär zu Lichtmess seinen Schatten, kriecht er wieder auf sechs Wochen ins Loch.“

Bär und Bienen verkörpern zwei Seiten einer Medaille: Der dicke, genussfreudige und träge Petz und die zarten kleinen, keuschen und emsigen Immen. Traditionsverbunde Bauern rütteln heute noch ihre Obstbäume wach. Sie flüstern den Bienen im Stock die frohe Botschaft zu und stellen das Dreschen und Spinnen ein. Jetzt kommt der fruchtbare Kornbär.

Lichtmess Jesus im TempelDie Christen und das Licht

Die Christen übernahmen die alten Traditionen. Aus Imbolc wurde „Lichtmess“, aus Brigid Maria. Die Feuerrituale sind uns in Form der Kerzenweihe und der Lichtmessfeuer erhalten geblieben. Das Feuer wird von Haus zu Haus getragen, um die Herdfeuer oder eine Kerze am Hausaltar damit zu entzünden und neuen Segen in Heim und Hof zu bringen. Fackelzüge, Lichterschiffchen und Schwimmkerzen auf Flüssen und Seen tragen in der Dämmerung das Licht in die Nacht, Feuerpfeile entzünden die Lichtmessfeuer. In einigen Regionen wie zum Beispiel in der fränkischen Schweiz finden noch heute Lichterprozession statt.

Mariä Purificatio

In der jüdischen und katholischen Tradition ist Lichtmess ein Reinigungsritual. Daran erinnert der früher gebräuchliche Name Mariä Purificatio: Im Alten Testament galt die Mutter 40 Tage nach der Geburt eines Sohnes als unrein und musste ein Reinigungsopfer darbringen. Maria pilgerte also in den Tempel und da Jesus ihr erster Sohn war, galt er als Eigentum Gottes und musste von den Eltern ausgelöst werden. Lichtmess ist das Fest der Darstellung Jesus im Tempel.

Messias, das helle Licht

Die christliche Tradition überträgt die heidnische Symbolik auf ihren Messias: Er ist das helle Licht, das den Menschen leuchtet. Die Sonne der Gerechtigkeit. Jesus ging durch den Tod zum Leben und soll alle Finsternis in den Herzen und der Welt erhellen.

Kerzenweihe

An Lichtmess wird der Jahresbedarf an Kerzen für die Kirchen und den häuslichen Gebrauch geweiht. Diese gesegneten Kerzen sollten in der dunklen Jahreszeit das Gebetbuch beleuchten, Schutz und Hilfe in der Not bieten oder als schwarze Wetterkerzen Unwetter abwehren.