Unvergessliche Weihnachten: Missglückte Überraschungen und andere Katastrophen
Merkwürdigerweise häufen sich alle Jahre wieder ausgerechnet an den Weihnachtstagen die kleineren und größeren Katastrophen: Misslungene Weihnachtsbraten, vergessene Schwiegermütter, brennende Bäume und lange Gesichter angesichts unerfüllter Wünsche. Und das ist nur eine kleine Auswahl jener großen Dramen, die sich regelmäßig beim Fest aller Feste ereignen…
So ein richtiger, echter Tannenbaum erfreut sich noch immer großer Beliebtheit. Dachte sich auch jener Vater, der am Tag vor der Bescherung noch auszog, um ein schönes, kräftig gewachsenes Bäumchen zu erstehen. So ein spontaner Last-Minute-Kauf ist beim Weihnachtsbaum allerdings selten von Erfolg gekrönt. Übrig ist nur noch der Ausschuss. Also setzt Papa zu Hause allen Ehrgeiz dran, die schiefe Krücke mit Säge, Daxen und Basteldraht auf Vordermann zu bringen. Leise rieselt die Nadelpracht auf den Wohnzimmerboden. Nach der Behandlung sieht der Baum aus, wie mehrfach vom Trecker überfahren. Dann wird er eben umso üppiger geschmückt.
Die Feiertags-Maschinerie läuft auf Hochtouren
Papa rettet den Weihnachtsbaum, Mama stopft die fette Weihnachtsgans mit allem, was die Küche hergibt. Das Telefon schellt. Mama eilt hektisch ins Wohnzimmer, ein wenig blass um die Nase: „Wir haben Deine Eltern vergessen…!“ Nach kurzem Disput und der verbindlichen Zusicherung, dass Papa ein Auge auf den Braten in der Röhre hat, wirft Mama den Wintermantel über die Küchenschürze, stürzt in Ballerinas nach draußen, befreit das Auto von 30 Zentimeter Neuschnee und jagt mit Karacho zum Bahnhof.
Alles, was schiefgehen kann …
Als Mama mit den Schwiegereltern im Gepäck das Haus wieder betritt, schlägt ihr eine dicke Wolke rauchiger Röstaromen entgegen. Ein markerschütternder Aufschrei schallt durch das festlich geschmückte Haus:
„Oh Gott, die Gans!“
Die hat längst der zweite Tod ereilt. Hoffnungslos im Bräter verbrutzelt, stellenweise schwarz verkohlt streckt das Federvieh alle viere von sich. Papa verzieht sich kleinlaut in den Keller. Oma will trösten: „Ich mag sowieso keine Gans. Lassen wir doch einfach eine Ente vom Chinesen kommen!“ Spätestens jetzt ist Mamas Laune ebenfalls im Keller.
Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum…
Noch zwei Stunden bis zur Bescherung. Klein-Philipp überreicht Papa freudig die jämmerlichen Überreste von erfolgreich zerknautschtem Geschenkpapier. Papa fragt verwundert: „Wo hast du das denn her?“ Philipp zeigt stolz in Richtung Schlafzimmertür – ungefähr dorthin, wo Mama die Geschenke versteckt hat. Papa hat mit einiger Mühe die Geschenke wieder neu eingepackt. Sicherheitshalber wirft er nochmal einen Blick ins Wohnzimmer, um alles zu kontrollieren und - siehe da: Der Tannenbaum liegt flach auf dem mit Weihnachtsschmuck übersäten Teppichboden. Zwei zerknirschte Teenager, denen das schlechte Gewissen ins Gesicht geschrieben steht, mühen sich gerade kleinlaut und verzweifelt ab, den zerzausten Baum wieder aufzurichten.
Früher war mehr Lametta!
Papa weiß nicht, ob er schreien, heulen oder lachen soll. Auf jeden Fall schmeißt er die Jungs erst mal aus dem Zimmer und schärft ihnen ein, den kleinen Philipp nicht herein zu lassen. Der soll schließlich nicht denken, dass der Weihnachtsmann den Baum einfach lieblos ins Zimmer schmeißt. Schicksalsergeben saugt er Nadeln und Scherben vom Boden auf und arrangiert das verknitterte Lametta und die übrig gebliebenen Kugeln neu um den inzwischen mehr als reichlich ramponierten Baum herum. Er macht im Geiste drei Kreuze, weil im Gegensatz zu früher immerhin kein offenes Feuer mehr am Christbaum brennt.
Schöne Bescherung
Klingelingeling. Endlich kann der gemütliche Abend unter dem windschiefen Tannenbaum beginnen. Klein-Philipp stürzt sich begeistert auf die Geschenke. Doch sein Eifer wird jäh ausgebremst. Er muss sich zuerst noch geduldig durch die Weihnachtsgeschichte quälen. Dann auch noch durch das obligatorische Weihnachtssingen. Opa packt umständlich das Akkordeon aus. Auf dem er, nebenbei bemerkt, nur einmal im Jahr spielt. An jedem Weihnachtsfest. Weil auch das gemeinsame Singen nur einmal im Jahr stattfindet, ist es, wie immer, von erheblichen Dissonanzen begleitet.
Lange Gesichter
Nach nur einem Lied gibt Opa entmutigt auf. Endlich – das befreiende Signal für Klein-Philipp, der sofort aufspringt und sich völlig entfesselt, wie ein kleines Trommelmännchen, mit dem Schlüssel aufgezogen, emsig und hochkonzentriert durch die stattliche Anzahl von Päckchen hindurch arbeitet. Irgendwann ist er schließlich beim letzten angekommen. Furchtbare Enttäuschung macht sich auf seinem Gesicht breit: Der heiß ersehnte ferngesteuerte Roboter-T-Rex-Dino ist nicht dabei! Der kommt nämlich erst mit Onkel Friederich, am ersten Feiertag…