Stonehenge

Ein Denkmal im Diesseits – Unsterblichkeit durch Wirken?

Die Kultur der Denkmäler ist beinahe so alt wie die Menschheit. Zu allen Zeiten fürchteten die Menschen den Tod und sehnten sich nach Unsterblichkeit. Die einen trösteten sich mit der Hoffnung auf ein ewiges Leben nach dem Tode. Andere wollten sich darauf nicht verlassen und schufen bereits im Diesseits ein grandioses Denkmal.

Pyramiden – im kollektiven Gedächtnis verankert

Bereits in der Steinzeit wurden Megalithen und Hügelgräber errichtet, um die Erinnerung an die Toten zu bewahren. Die Steinkegel waren die Vorläufer der ersten pyramidenförmigen Denkmäler, die seit rund 5.000 Jahren verbreitet sind. Die Ägypter verfeinerten die Kunst des Pyramidenbaus mit beinahe manischer Besessenheit. Sie schufen ohne Rücksicht auf Menschenleben überdimensionale architektonische Artefakte. Gleichzeitig erbauten fast zur gleichen Zeit auch andere Volksstämme gewaltige steinerne Monumente, zum Beispiel in Zentralamerika und später auch in China. Und das, obgleich sei weit voneinander entfernt lebten und voneinander nichts wussten. Beide hatten das gleiche Ziel, nämlich ihren Herrschern Unsterblichkeit zu verleihen.

Die antiken Baumeister haben ihr Ziel erreicht: Die Pyramiden sind anerkannter Teil des Weltkulturerbes. Auch Stonehenge, vermutlich ca. um 8000 v. Chr. errichtet, gehört seit 1986 zum Weltkulturerbe. Diese Denkmäler sind ein unauslöschlicher Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses der Menschheit. Doch an was erinnern wir uns wirklich? Sind es die Menschen, die sich mit einem bombastischen Steinhaufen für alle Zeiten Gottgleich verewigen wollten? Oder eben doch nur ihre beeindruckenden Denkmäler?

Kunst verewigt vergängliches Leben

Neben dem Baudenkmal gab es einige andere Möglichkeiten, um schon zu Lebzeiten an der eigenen Unsterblichkeit zu arbeiten. Bildhauerei, Malerei und schriftstellerische Werke zum Beispiel. Unsterblich wurden nicht nur die in Stein gehauenen, auf Leinwand gebannten oder wortreich gepriesenen Helden wie Herkules und Odysseus, sondern auch die Urheber dieser Epen wie beispielsweise Homer. Mit der historischen Wahrheit nahmen es die Schreiberlinge damals nicht so genau. Es ging schließlich nicht um die Fakten, sondern darum, Ruhm und Ehre der Kaiser und Könige, ihre Einzigartigkeit und Überlegenheit heraus zu stellen.

Rhetorisch gewandte Schriftsteller wie Cicero legten den Politikern ihrer Zeit gekonnt gewichtige Worte in den Mund. Sie beeindruckten damit nicht nur die eigenen Zeitgenossen, sondern formen unsere Vorstellung von den alten Römern bis heute. Die Geschichtsschreibung war seit jeher ein Werkzeug, das besonders denen zu Gute kam, die nach Unsterblichkeit strebten. Unter dem Schein der Objektivität zeichneten die Schreibkundigen ein glorreiches Bild ihrer Auftraggeber für die Nachwelt.

Der Drang, sich ein Denkmal im Diesseits zu setzen

Warum betreiben Menschen so viel Aufwand, um das Andenken an die eigene Person wachzuhalten – am besten bis in alle Ewigkeit? Es scheint, dass sie ihrem eigenen Leben entweder zu viel oder aber zu wenig Bedeutung beimessen:

Zu viel, weil keiner ohne seine Mitmenschen so Großes bewirken kann, dass er alleine für sich ein Denkmal der Unsterblichkeit verdient. Und weil gerade dieses Lebenswerk allzu oft großes Elend über viele andere gebracht hat. Zu wenig, weil den bedauernswerten Geschöpfen, die sich nach einer Verewigung im Diesseits sehnen, offenkundig die Wertschätzung und Anerkennung, die sie zu Lebzeiten erhielten, nicht genügt hat und sie deswegen auf eine Zugabe nach ihrem Tode hoffen. Oder ist es am Ende nur die die Angst, dass das eigene Leben sang- und klanglos vergehen und für niemanden mehr von Bedeutung sein könnte? Dass der eigene Name in Vergessenheit gerät und alles, was man im Leben bewirkt hat, nichtig ist?