Winter

Höllenspektakel und Glücksorakel - Brauchtum rund um Silvesternacht und Neujahrsfest

Kaum etwas macht die Menschen trübsinniger, als die feuchte Kälte und die zunehmende Dunkelheit der beiden letzten Monate im Jahr. Der richtige Winter mit knirschender Kälte, Frost und Schnee ist leichter zu ertragen, als der Übergang dorthin. Mit dem Winteranfang werden auch die Tage wieder heller und es wächst die Hoffnung auf ein gutes, neues Jahr. In alten Zeiten verkürzte und versüßte man sich diese Zeit mit allerlei Geschichten und Ritualen, um das Dasein erträglicher zu machten. Bevor die Natur allmählich wieder zum Leben erwachte, stand erst einmal der „Hartung“ ins Haus - der „harte Monat“ Januar.

Die Zeit des Übergangs zwischen den Jahren, das waren die Rauhnächte: Die zwölf Nächte zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar. Perchta, besser bekannt als Frau Holle, galt als Hüterin der Rauhnächte in der heidnischen Sagenwelt.

Frau Holle und die wilde Jagd

Perchta thront über Wolken und Wind. Sie schüttelt im Winter Schnee aus ihren Kissen und schickt während der Zeitenwende ihre wilde Jagd über die Lande. Wenn die Geister durch die Lüfte fuhren, versammelte man sich in der Stube um den warmen Ofen. Türen und Fenster wurden verriegelt, damit sie sich keinen Zutritt verschaffen konnten. Wer sich in dieser Zeit nach draußen wagte, musste auf Schritt und Tritt damit rechnen, den finsteren Dämonen zu begegnen.

In unserem heutigen Silvester-Brauchtum sind viele althergebrachte Rituale der Rauhnächte noch gut erhalten, auch wenn sie sich nur noch auf einen Tag konzentrieren:

Geister austreiben

Die alten Geister wurden mit Pauken und Trompeten vertrieben, die Häuser und Höfe bis zum letzten Winkel „ausgelärmt“ und schließlich ausgeräuchert. Danach ging das Krachen, Knallen und Zischen auf den Straßen und in den Dörfern lautstark weiter. Die Geisteraustreiber veranstalteten einen Höllenlärm, um die Dämonen das Fürchten zu lehren. Zu ihrem Werkzeug gehörten Rasseln und Trommeln, Kuhglocken, knallende Peitschen und später, nach der Erfindung des Schwarzpulvers, auch Böllerschüsse und Raketen.

Orakel und Glücksbringer

Der Lauf der Natur bestimmte das Leben der Menschen. Sie waren ihrem Schicksal ausgeliefert. Kriege, Missernten und Seuchen wie die Pest bedeuteten für ganze Dörfer Tod und Vernichtung. Viele befragten daher an den Lostagen die Orakel. Von der Silvesternacht erhoffte man sich besonders starke Wahrsagekraft. Sie war nach altem Glauben geeignet, Dinge in Erfahrung zu bringen, die mit Liebe, Ehe und Familie in Verbindung standen.

Man glaubte auch, dass die Person, der man am Neujahrsmorgen zuerst begegnete, das Schicksal im kommenden Jahr bestimmte: Bettler, alte Weiber oder „Missgestaltete“ waren Unglücksboten, Kinder, Schornsteinfeger und Soldaten Glücksbringer.

Schmausen und Bechern - wie an Neujahr, so das ganze Jahr!

Während der gesamten Rauhnächte, besonders aber zur Jahreswende durfte reichlich geschmaust und gebechert werden. Je feierlicher und opulenter das Mal, desto mehr Kraft versprach man sich davon für die Erfüllung der Wünsche im neuen Jahr:

Wer über die Jahre gut schmaust, hat das ganze Jahr vollauf.“

Die Festgelage waren eine Botschaft an die Dämonen: Wir fürchten euch nicht und ihr könnt uns Menschen nichts anhaben! Selbst die sonst so strenge katholische Kirche verbot an diesen Tagen das Fasten.

Zu den traditionellen Speisen gehörten Schwein und Fisch, meist Karpfen. Fisch galt seit alters her als Symbol des Lebens und der Fruchtbarkeit. Es genügte schon, ihn symbolisch zu verzehren. Er wurde oft durch ein „Gebildbrot“ aus Teig ersetzt, das man am Neujahrsmorgen . In die Neujahrswecken wurde das Glück doppelt eingebacken: Sie hatten die Form von Glückssymbolen und man ließ den Hefeteig über die Silvesternacht aufgehen. So wurden alle bösen Geister in den Teig gebunden. Am Neujahrsmorgen verspeiste man die Wecken zum Frühstück. So verleibte man sich die Dämonen ein und machte ihnen damit den Garaus.